Songtexte

Die Zeit (Songtext, österreichisch)

Du lafst wieder eilig vorbei und i schau dir noch.
Du sogst, du muasst weg um holb 3, es is 10  vor 8.
Doch irgendwos treibt di dahin.
Du gspiasts goa nit, es hot kann Sinn.
Es druckt di und ziagt di, es juckt di und wiagt di die Zeit.

Kumm bleib stehn, i steh glei nebn dir.
Steh anfoch do bei mir, i vasprich, du follst nit.
Kumm bleib stehn,  es is jo schon so spät.
Heast, wie die Zeit vageht. Wos warat wenn se anfoch stehn bleibm tät.

Die Vorsätze stapln sich auf bis die Sunn nit siegst.
Du nimmst anfoch olles in Kauf  bis’d am Bodn liegst.
Doch irgendwann frogst di: warum
Bringst du di sölbst schen klanweis um?
Es schluckt di, beliagt di. Bleib duckt, wal sie kriagt di, die Zeit.

 Kumm bleib stehn, i steh glei nebn dir.
Steh anfoch do bei mir, i vasprich, du follst nit.
Kumm bleib stehn,  es is jo schon so spät.
Heast, wie die Zeit vageht. Wos warat wenn se anfoch stehn bleibm tät.

Who I Am (Songtext, englisch)

Waking up with my head lying on the kitchen table.
I’m used to that, don’t need a bed, at least not dead.
I refuse to open my eyes I am just not able.
The table cools my glowing face, please let me sleep in all that grace.

Leave me here
It’s obvious
Just leave me here
I’m such a mess

Who am I                            to change            the world            around us?
Who am I                            supposed            to be                     but me?
Who am I                            to change            the world            around us?
Who am I                            supposed            to be                     but me ?

Shaking hands across the shadow of the lie I lived.
You say my name  but I’m ashamed        if I don’t I know I’ll fade.
Read my face! It tells a story that I once believed!
I shut the blinds, you walk away, would it be wrong to make you stay?

 Good bye, my friend
Please close the door
Good bye, my friend
My hands get sore

Please, leave me here
It’s obvious
Just leave me here
I’m such a mess

Who am I                            to change            the world            around us?
Who am I                            supposed            to be                     but me?
Who am I                            to change            the world            around us?
Who am I                            supposed            to be                     but me ?

Prosa

Eine kleine Geschichte über das Gehen – extended version (Prosa, deutsch)

Man weiß es nicht. Man weiß nicht wo man hingeht. Man geht einfach. Allein, zu zweit, zu einer Party, über die Straße, andern auf die Nerven. Man geht. Man funktioniert. Manchmal läuft man. Wie geschmiert. Schnell. Von A nach B. Wände rauf und runter, läuft man. Im Kreis auch. Manchmal. Man weiß, dass man es tut. Meistens weiß man auch ungefähr warum. Aber alles in allem – wohin? Manchmal steht man vielleicht. Aber nur kurz. Weil eigentlich weiß man, man müsste laufen. Oder wenigstens gehen. Im Stehen stolpert man viel leichter als im Gehen. Hat man mir gesagt. Man hat mir auch gesagt, man soll das Wort „man“ beim Schreiben eher meiden. Und dass beim Schielen die Augen stecken bleiben können. Dass es keine wahre Liebe gibt, hat man mir gesagt, und dass nur die wahre Liebe alle Wunden heilt. Und die Zeit. Die auch. Und dass bis zum Heiraten sowieso alles wieder gut wird. Nur hat mir noch keiner gesagt, wie’s danach wieder gut wird. Weil wenn man schon verheiratet ist, kann’s dann ja quasi gar nicht mehr gut werden. Vielleicht hab ich deshalb noch nicht geheiratet. Sicherheitshalber. Erst muss es noch ein bisschen schlimmer werden, damit sich das Heiraten dann auszahlt. Damit’s was gibt, das wieder gut werden kann.

Ich mache gerade einen Tangotanzkurs. Da gehen wir auch viel. Aber wir wissen, wohin. Nirgendwo hin. Nur im Kreis. Immer im Kreis. Das ist eine sehr sichere Variante des Unterwegsseins. Man kann sich nicht verlaufen, kommt auch sicher nirgends an, wo man nicht hinwollte. Keine falschen Abzweigungen. Keine Gefälle, keine Steigungen. Immer flach im Kreis. Damit wir abgelenkt sind und uns das Im-Kreis-Gehen nicht zu langweilig wird, müssen wir die Tanzhaltung beachten. Und wir müssen den Partner beachten. Dann denkt man nicht so viel. Man geht nur. Manchmal tauscht man. Den Partner. Sonst nichts. Aber dann ist der Tanzkurs vorbei und alle gehen. Woanders hin. Heim. Zum Teufel. Essen. In alle Richtungen gehen wir. Meistens pärchenweise. Ich nicht.

Ich geh allein. Mal dorthin, mal dahin. Mal geh ich nur zu meinem Auto. Mal in die Drachenhöhle. Heute bin ich zur Bim gegangen. Die geht alle 20 Minuten am Abend. Das geht, da muss man nicht allzu lange warten. Ich weiß, dass ich heute noch ins Bett geh und morgen in die Arbeit. Aber wo komm ich dann an? Wenn ich fertig gegangen bin. Wo komm ich dann an? Und woher wissen meine Füße dann, dass ich fertig gegangen bin? Weil die sind ja gewohnt zu gehen. Immer weiter. Ich weiß nicht, ob ich stehen kann. Weil wenn ich stehe, dann laufen die, die ich mitgezogen habe, hinten auf mich drauf und dann fallen wir doch alle, oder? Man weiß es nicht.

 

Seifenblasen und Kaugummi (Prosa, deutsch)

Seifenblasen und Kaugummi, fliegende Schafe und sprechende Häuser. Einfallspinsel, Realisten, Schwarzmaler, Junggebliebene, Reisende, Alte, Unmögliche, Tagträumer, Musiker. Kitsch, teure Klamotten, hässliche Schuhe, kein Geld. Bunte Bilder, tobende Gesellschaft, künstliche Einsamkeit, erzwungene Zweisamkeit, einseitiger Beischlaf, zerkleinerte Wortfetzen, mangelnde Kommunikation. Lebende Tote, tote Lebende, sprechende Häuser und fliegende Schafe, Kaugummi und Seifenblasen.

Ist dein Kopf noch in Ordnung? Hat die Welt dein Gehirn schon zu Brei gemacht? Denkst du noch manchmal nach? Hast du noch Phantasie? Die Seele ist vergessen, das Herz vorübergehend auf Eis gelegt. Der Kopf, die einzige Verbindung zur Umwelt. Manchmal kehrt die Einsamkeit zurück, dann findest du dein Herz. Es ist dort, wo es krampft, dort wo spürbar etwas fehlt. Vakuum. Unterdruck. Schnell weg damit. Keine Zeit für Druckausgleich, keinen Kopf für Herz. Der durchschnittliche Mensch besteht aus 100% Kopf. Da ist kein Platz für Herz und Seele. Rationalisierung, Einsparungsmaßnahmen. Gefühle und Phantasie sind nur für Genies und Wahnsinnige.  Für fliegende Schafe.

Sicherer ist man, wenn man nicht spürt, wenn man innen eher versteinert ist, mauert. Dabei bin ich mir sicher, dass Mauern sprechen können. Sie erzählen Geschichten aus alten Tagen, vom Zahn der Zeit, von anderen Lebensumständen. Häuser erzählen viel über ihre Bewohner und noch mehr über das, was rundherum passiert. Sie erzählen von Liebenden, die sich heimlich an ihre Wände drücken und sich zärtlich umarmen, von fetten Hausfrauen, die sie nie verlassen. Von gefesselten Seelen und besitzergreifenden Herzen. Von offenen Türen und noch offeneren Hintertüren. Von Hunderevieren . Von Malerbetrieben. Von tanzenden Feen und unruhigen Geistern. Häuser weisen Wege, Häuser beschützen, stumme Zeugen verrückter Taten und tiefer Wunden. Kann man denn sein Leben so verkleinern, dass es in ein einziges Zimmer passt?  Mit seinem Spiegelbild tanzen und mit seinen Pflanzen sprechen? Der einzige Ausgleich zum Nichts: ein Bügelbrett und ein Staubsauger? Und die Welt befindet sich unerreichbar in einem Fernseher eingesperrt. Sie ist eine rechteckige Scheibe mit einem Durchmesser von 107 cm. Und besteht aus Talkshows, Stars und Sitcoms. Nachrichten? Nein, zu realistisch, schauen wir nicht! Leben in einer Kaugummiblase: Rosa und klebrig. Und draußen fliegen die Schafe.

Vielleicht wäre es ja wirklich besser, wenn die Welt eine Scheibe wäre und mitten im Atlantik aufhören würde. Das hätte ihr einige Probleme erspart. Amerika zum Beispiel. Außerdem wären wir dann vielleicht alle schwerelos. Gravitation ist sowieso Scheiße. Dann wären wir wirklich alle fliegende Schafe. Niemand könnte sich mehr umbringen indem er sich von einem Dach stürzt. Wir bräuchten weder Autos noch Schuhe und alles würde uns zufliegen. Wahrscheinlich würden wir seltsam verunstaltete Wesen sein. Braucht man überhaupt ein Skelett ohne Gravitation? Muskeln braucht man auch nur in den Armen, um durch die Luft zu schwimmen oder vielleicht hätten wir dann Flügel. Vielleicht würden wir auch nur aus Herz und Seele bestehen und unseren Körper gar nicht brauchen. 0 % Kopf, 100 % Herz. Gut so.

 

Ich werde mich befreit haben (Prosa, deutsch)

„Du machst was?!“

„Ich fahre nach Slowenien, Maribor, Tagesausflug. Das Wetter ist ein Traum und wenn ich schon mal frei hab…“

„Ja, aber das kannst du doch nicht machen! Heute doch nicht!“

„Aber warum denn nicht? Ist doch praktisch. Dort hat heute alles offen, wir können shoppen und flanieren…“

„Man fährt nicht am Nationalfeiertag nach Slowenien!“, sagt sie.

Ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. ‚Man‘, wer das wohl in ihrem Kopf wieder ist. „Was machst du denn so am Nationalfeiertag? Marschieren? Oder stricken für den Kanzler?“

Sie lacht: „Nein, eh nicht, wir machen gar nichts.“ Ah, ja, jetzt rudert sie zurück, denke ich. „Schon gut, genießt euren Ausflug“, und dann mit diesem Lachen in der Stimme, das ich nur zu gut kenne, das Sarkasmus heuchelt, aber nicht überzeugt, und einem sehr dezenten, aber für mich, die ich sie lange genug kenne, klar erkennbaren Unterton der Enttäuschung und des Unverständnisses: „viel Spaß, Nestbeschmutzerin! Ha, ha, ha!“ Oha!, denke ich, da hat es jemand nicht ganz ans sichere Ufer geschafft. In Unverfänglichkeiten verfangen.

Als ich auflege, muss ich lachen. Nestbeschmutzerin. Das ist ein Wort! Das Wort bleibt noch ein wenig in meinem Gehörgang hängen und schwingt nach. Nestbeschmutzerin. Nun gut, übertriebenen Patriotismus kann man mir wohl nicht vorwerfen und über den Satz „ich bin so stolz darauf, Österreicher zu sein!“ gerate ich sehr unmittelbar in Rage. Was habe ich nicht schon diskutiert mit bierbäuchigen Stammtischphilosophen und anderen sich selbst als gemäßigt bezeichnenden Hobbyradikalisten, die die typischen Sätze unserer Zeit, immer eingeleitet mit: „ich bin ja kein Rassist, aber…“ geistlos, aber inhaltsschwer vor sich hin beten, schimpfen oder bellen.

Nestbeschmutzerin. Das ist ein starkes Wort. Was da alles drinsteckt in so einem Wort. Eine Abkehr vom Familienverband, undankbar und rücksichtslos. Ein Hinwegsetzen über moralische Selbstverständlichkeiten – die Zuneigung zu den eigenen Erzeugern, Haltern und Förderern oder die Verbundenheit gegenüber der eigenen Züchtung – und damit eine Verleugnung, ja, Zerrüttung und „Beschmutzung“ der eigenen Identität und – schlimmer noch – der Identität meiner Eltern, meiner Familie, meines Vaterlandes. Ein Wort wie eine Ohrfeige. Ausgesprochen von meiner Mutter am 26.10.2017. Da hätte der Herr Dr. Freud aber eine Freude gehabt, wenn er das gehört hätte. 

Es war ein schöner Ausflug nach Maribor. Fühlte sich auch nicht an, als wäre man woanders. Das Wort ließ ich zu Hause, schließlich wollte ich den Tag genießen. Doch es wartete auf mich. So ganz weg ging es nicht.  Irgendetwas daran hatte mich nachhaltiger gestört, als ich mir zunächst eingestehen wollte. Das ärgerte mich. Nicht das Wort, nicht das Nachdenken darüber, aber das Sich-Stören-Daran, das ärgerte mich. Die Tatsache, dass sich irgendwo in meinem Gehirn ein Verteidigungsmechanismus aktivierte, der mit Rechtfertigungen auf das Wort schoss. Vielleicht erreichte es mich, weil meine Mutter nicht ganz daneben lag mit der Vermutung, ich sei gewissermaßen bewusst gerade am Nationalfeiertag des Jahres 2017 außer Landes geflohen. Schließlich waren nur wenige Tage zuvor die Nationalratswahlen von Statten gegangen und Schwarz-Blau stand nahezu fest. Ein Kurz als Kanzler – schlimm genug, aber ein Strache als Vize! Undenkbar, unerträglich für mich. Unvorstellbar, dass ich umgeben sein soll von Menschen, die dem zujubeln, was mir auf den Magen schlägt. Den Nationalfeiertag in Österreich zu verbringen – ich hätte es wirklich nicht ertragen. Das Nest war beschmutzt. Wo Schwarz und Blau ineinanderlaufen, kommt ein ungesundes Braun raus.

Ein Jahr später stehen wir alle bis zu den Knien in diesem Schmutz und noch immer wird ihnen von Menschen, die sich zumindest mir nicht so recht zeigen wollen, zugejubelt. Die letzten Umfragen ergaben nach wie vor eine Mehrheit für diese Regierung. Es steht hier also eine Mehrheit der ÖsterreicherInnen selbstbewusst für eine ganz offensichtliche Verschlechterung ihrer eigenen Lebensrealität ein. Der Sinn dahinter erschließt sich mir nicht oder ich will ihn nicht erschließen oder vielleicht will er von mir nicht erschlossen werden. Ich freue mich jedenfalls schon darauf, heute, am 26.10.2018 wieder nach Maribor zu fahren und den Tag fernab von den Nestbeschmutzern an der Drau mit einem Glas Wein zu genießen. Und wenn ich dann dort zur Ruhe komme und auf das Wasser schaue, dass aus Österreich kommend Richtung Schwarzes Meer an mir vorbeischießt, dann werde ich das Wort hinter mir gelassen haben.